Freitag, 16. März 2007

Alltag

So, nicht erschrecken, das hier ist ein ziemlicher Monsterbericht - aber ich habe den Blog die letzten Tage ja auch vernachlässigt ;-)


Jetzt habe ich schon beinahe zwei Wochen Uni und so langsam schleift sich eine Art Alltagsleben ein. Wobei ich hier das Wort Alltag nicht negativ meine. Es ist eher so, dass ich es langsam nicht mehr unvorstellbar finde, die nächsten vier Monate hier zu verbringen.

Inzwischen finden auch alle Vorlesungen wie vorgesehen statt und ich kann langsam einschätzen, welcher Professor „bravo“ ist und welcher doch eher nicht so… Und ich kenne mittlerweile so ziemlich den ganzen Physikjahrgang – was bei 15 Leuten auch nicht so schwer ist und außerdem daran liegt, dass ich mich nicht an die Einteilung des hiesigen Physikstudiums halte…

Dabei gibt es verschiedene Grüppchen von Leuten. Mit einer war ich schon im Kino (leider in einem unsäglich schlechten Film): den Leuten aus meinen Theorie-Vorlesungen. Ansonsten habe ich den größten Kontakt mit einer ganzen Gruppe an Personen um Laura (von der ich schon geschrieben habe) und Margherita (einer anderen Physikerin, Freundin von Laura). Diese Gruppe setzt sich zur Hälfte aus Physikern und zur anderen aus Chemikern zusammen, was zu regelmäßigen Diskussionen nach dem Mittagessen führt, in welchem der beiden Gebäuden der caffè getrunken wird. Da hierbei meistens keine Einigung erzielt werden kann, führt der Kompromiss auf „neutralen Boden“ ins Mathematikgebäude. (Das praktischerweise in der Mitte zwischen Physik und Chemie liegt) Mittagessen geht diese „Gruppe“ doch meist in die Mensa, wobei ich letzte Woche bei stundenlangem Sodbrennen sehr schmerzhaft feststellen musste, dass diese sich wohl doch nicht so sehr von der tübinger unterscheidet und ich dort besser nur noch die Wurst- oder Käseplatten mit Salat essen sollte…

Wer nicht darin interessiert ist, etwas über die Struktur des Physikstudiums in Perugia zu erfahren, kann folgenden Absatz ohne größere persönliche Verluste überspringen. In Italien hat man inzwischen größtenteils das Bachelor-/Mastersystem eingeführt – mit dem Unterschied, dass niemand eine Ahnung hat, was ein „Bachelor“ sein soll. Hier heißt das ganze „Laurea Triennale“ und „Laurea Specialistica“, aber man bekommt auch „Crediti“ und ist eigentlich sein ganzes Studium über beschäftigt, einen Haufen Prüfungen abzulegen. Dabei habe ich das Gefühl, dass die „Laurea Specialistica“ nicht so breit gefächert ist, wie das Diplom bei uns: Jeder muss ein „Indirizzo“ festlegen – den Teilbereich der Physik, mit dem er sich die nächsten zwei Jahre beschäftigen wird. Dabei gibt es drei Möglichkeiten: Theoretische Physik, Elementarteilchenphysik und Struktur der Materie (also Festkörperphysik, Physik der Materie, usw.), und wenn zwei Leute verschiedene Indirizzi machen, kann es sein, dass sie
keine einzige Vorlesung mehr zusammen hören.

Ohne es vorher geplant zu haben, höre ich hier hauptsächlich theoretische Vorlesungen – hauptsächlich aus dem Grund, dass eine Vorlesung, die ich hören wollte, gestrichen wurde (wegen fehlenden Studenten) und eine andere sich mit welchen, die ich auf jeden Fall hören wollte, überschnitten haben. Allerdings bin ich mir im Moment noch nicht ganz sicher, ob ich vielleicht nicht doch noch eine Vorlesung streichen und dafür in dieser Zeit meinen „Grundwortschatz Italienisch“ durcharbeiten sollte…
Zwei meiner Vorlesungen, die Fisica Teorica und Meccanica Statistica sind bei der Professorin, die ich in meinem letzten Blogbericht schon erwähnt habe. Eine theoretische Physikerin, die mit Vorliebe im Minirock ihre Vorlesung hält und mitunter so schnell spricht, dass selbst die italienischen Studenten zu mir gesagt haben, dass sie ihnen zu schnell spricht! Das macht es leider nicht besonders leicht, ihrer Vorlesung zu folgen, da sie darüber hinaus nicht besonders viel an die Tafel schreibt, etwas konfus ist und auch nicht besonders gut erklärt. Da sind dann vier Stunden die Woche etwas viel (zumal die eine Vorlesung am Montag zur unmenschlichen Zeit von fünf bis sieben ist) – und ich spiele mit dem Gedanken, zumindest eine davon fallen zu lassen. Dagegen entwickelt sich die Elettrodinamica Quantistica im Moment zu meiner Lieblingsvorlesung, was vielleicht neben der Tatsache, dass wir gerade die Dirac-Gleichung zur kovarianten Formulierung der Quantenmechanik machen (was zumindest ich ziemlich spannend finde), vielleicht vor allem daran liegt, dass der Professor Inder ist und ein für mich sehr gut verständliches Italienisch spricht.

Letzte Woche war ein „Incontro“ – eine „Begegnung“ zwischen einem Professor der Physik und einem der Philosophie. Also eine Art Studium Generale Vortrag nur mit zwei Professoren, die nacheinander über das Thema menschlicher Verstand gesprochen haben. In der Hinsicht unterscheiden sich Italien und Deutschland überhaupt nicht voneinander: Dem Physiker konnte ich mühelos folgen, während mir beim Vortrag des Philosophen relativ schnell der Faden und die Konzentration verloren gingen…


Diese Woche zeigt sich Perugia wettermäßig gesehen von seiner besten Seite: Sonne und strahlend blauer Himmel, der einen versucht zu verführen, die Mittagspause auf ein Schlümmerchen im Freien auszudehnen… Gestern habe ich jedoch meinen unifreien Mittag genutzt, um noch ein paar Ecken dieser Stadt zu erkunden, die ich noch nicht kannte. Dabei streunte ich eher ziellos in eine Richtung, bis ich schließlich im Viertel „Monteluce“ landete, von wo aus man das Stadtzentrum einmal von der anderen Seite sehen kann. Ansonsten sind dort hauptsächlich Wohnhäuser, aber in den so typischen engen und hohen Gassen, die einfach zum Herumlaufen einladen. Auf dem Weg von dort in die Innenstadt entdeckte ich durch Zufall noch die Jugendherberge, die sich doch mitten in der Stadt befindet (ist nur auf keiner Karte eingezeichnet). Also falls mich noch mehr Leute besuchen kommen wollen, als ich in meinem Zimmer unterbekomme… ;-)

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo.
Ich mochte mit Ihrer Website tue-times-perugia.blogspot.com Links tauschen