Donnerstag, 28. Juni 2007

Prüfung auf italienisch...

Zwar hat mich Laura gebeten, das nicht in Deutschland zu erzählen, aber ich muss doch hier berichten, wie meine erste italienische Prüfung verlaufen ist!

Die hat am Montag stattgefunden und war wohl die seltsamste Prüfung meines Lebens. Das Fach war Elettrodinamica Quantistica – also ein nicht ganz triviales Thema – und die Vorlesung wurde von einem Inder gehalten. Insgesamt war es die Vorlesung, die mir am meisten Spaß gemacht hat, da Professor Srivastava didaktisch ziemlich gut ist und ich habe relativ viel Zeit auf das Lernen verbracht. Außer mir wollten noch drei andere an diesem Tag die Prüfung machen, die aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil bestehen sollte, wobei wir für den schriftlichen vier Stunden Zeit haben würden. Am Tag der Prüfung gingen wir also zu viert zum Büro Srivastavas, der uns die Aufgabenzettel aushändigte und meinte, wir sollten in Aula E gehen, die sei wohl frei. Er werde ab und zu vorbeischauen, wenn wir fertig seien, sollten wir die Ergebnisse einfach in sein Büro bringen.

Hätte ich die Prüfung ohne Aufschriebe und Buch schreiben müssen, wäre sie wohl ziemlich schwer gewesen, aber so waren es lauter Dinge, die wir gemacht hatten – bis auf eine Aufgabe. Doch mit Hilfe des Buches ging die auch (und ich bin ziemlich stolz auf mich, dass ich verstanden habe, was ich da gemacht habe.. ;-) ). Viel Arbeit war es auf jeden Fall: Viereinhalb Stunden und 12 beschriebene Seiten später ging es ziemlich erschlagen wieder in den fünften Stock – nur dass Srivastava gar nicht in seinem Büro war. Na gut, dachten wir uns, haben die Klausuren in sein Fach im Gang gelegt und sind erst einmal etwas essen gegangen. Danach tauchte unser Professor auch nach wenigen Minuten auf, erklärte aber, er habe jetzt keine Zeit, für die mündliche Prüfung sollen wir eine Stunde später kommen – vielleicht schaffe er ja heute noch alle vier.

Ok – eine Stunde später (in der ich QED QED hab sein lassen und E-mails gelesen habe) wurden wir von ihm empfangen. Das Schriftliche hätten wir alle ziemlich gut gemacht, mich fragte er eine Formsache, die mir aber sowieso schon aufgefallen war. Dann meinte er, ach, das mündliche könnten wir bleiben lassen, und hat uns allen 30 Punkte (von 30) gegeben! Irgendwie schon witzig – aber beschweren tu ich mich jetzt nicht… ;-)

Nächsten Dienstag mache ich meine zweite Prüfung, da werde ich dann aber wirklich mündlich ran müssen in der Atomphysik. Bin ja mal gespannt…

Todi

Ganz überraschend hat sich für mich gestern Abend ein Ausflug nach Todi ergeben. Dazu gekommen ist es folgendermaßen: Zur Zeit ist eine amerikanische Familie hier in Perugia (die Familie eines Religionsprofessors aus Kansas, der ein halbes Jahr in Italien verbringen wird, um amerikanische Studenten zu betreuen, die für ein Semester in Florenz studieren), und Freunde aus Amerika, die diese Familie kennen, haben Freunde hier gefragt, ob diese sich ein bißchen um sie kümmern könnten.

Diese Aufgabe übernahm Alessio (der Paläontologe, mit dem Karl und ich in den Bergen wahren), wohl nicht zuletzt weil er einer der wenigen Italiener ist, die gut Englisch sprechen können. Er hat also der Familie all die schönen Flecken gezeigt, die es hier in Umbrien gibt. Gestern war dann seine Heimatstadt Todi dran – und er hat mich gefragt, ob ich nicht auch Lust hätte, mitzukommen. Letztendlich waren wir sechs Nicht-Amerikaner – Alessio, Enrico und noch drei andere Freunde, die ich inzwischen kenne.

Schon die Fahrt war ziemlich lustig. Ich musste ausführen, was „die Deutschen“ so über „die Italiener“ denken – wobei sie nach beinahe allen Vorurteilen, die ich anführte, ausriefen „Stimmt!“. Nur Enrico wollte nicht bestätigen, dass italienische Männer Muttersöhnchen sind (die anderen drei Jungs im Wagen dagegen schon!) – und untrreu, da waren sich die vier einig, seien sie auch nicht. Der Punkt, in Italien gebe es viel und gut zu essen, sollte sogar noch am gleichen Abend eindrucksvoll bestätigt werden…

So ging es bei wunderschönem Wetter durch blühende Sonnenblumenfelder in die mittelalterliche Stadt mit ihren drei Mauerringen (einem etruskischen, römischen und mittelalterlichen). Dort drehten wir eine kleine Runde durch viele Gassen, die ich beim Besuch mit der Familie noch nicht gesehen hatte, bis die Rufe nach Abendessen lauter wurden. Da hatte Alessio seine eigenen Vorstellungen und so fuhren wir bald darauf über kleine Landstraßen.

Die Abendsonne tauchte die sanft geschwungenen Hügel in warmes Licht und brachte die kleinen Ortschaften an den Hängen zum Leuchten. Ich sog die Schönheit dieser Landschaft in mich auf und mich überkam ein leicht wehmütiges Gefühl angesichts des baldigen Abschieds. Alessio rief prompt: Was willst du nur zurück in Deutschland?! Hier ist es so schön!

Da mittwochs irgendwie viele Restaurants geschlossen haben, landeten wir letztendlich in einem Agriturismo, das keiner von uns kannte. Die Köche schauten schicksalsergeben drein, als wir fragten, ob sie Platz und Abendessen für elf Leute hätten – noch mehr Arbeit!

Am Tisch ging’s ziemlich lustig zu. Ich habe es total genossen, inmitten der Freunde zu sitzen, mal in Englisch, mal auf Italienisch mitzureden. Das ist das Schöne: Ich kann inzwischen den Gesprächen folgen, und nicht nur das, ich kann auch mitreden! Am Anfang meiner Zeit hier war das noch ganz undenkbar... Es gibt einem ein schönes Gefühl – man ist nicht länger von einem Teil der Gemeinschaft ausgeschlossen. Ich stellte fest, dass ich nicht der einzige Herr-der-Ringe-Fan bin, überredete die Italiener, die „Unendliche Geschichte“ zu lesen, wir diskutierten über Filme und ich erfuhr, dass die Prioren, die im Mittelalter Perugia „regierten“, während ihrer Amtszeit den Priorenpalast für ein halbes Jahr nicht verlassen durften (und ihre Frauen und Kinder nicht im Palast wohnten)… Karte gab es keine, alle in dem Essenssaal bekamen das gleiche. Und dann fing es an und sollte so schnell nicht mehr aufhören:

Antipasti – ein Teller mit Häppchen: zwei Stüclchen Pizza, eins mit Tomate, eins mit Zucchini, Pizzabrot mit selbstgemachter Salami, eine Brotscheibe mit einer Pilzpaste, ein Stück Käsefoccacia.

Primo Piatto – Tortellini mit Trüffelsoße, sehr lecker!

Nach diesen beiden Sachen war ich eigentlich satt, was sich als schwerwiegender Nachteil herausstellen sollte, denn das Schlemmen hatte eigentlich gerade erst angefangen.

So zum zwischendurch Naschen brachte man uns drei Teller voller Salami und rohem Schinken und weiteres noch warmes Pizzabrot.

Secondo Primo Piatto – ja, das gibt’s! Eine zweite erste Speise... Nudeln mit scharfer Pepperoni-Soße.

Ich platze gleich!

Richtiges Secondo Piatto – Gegrilltes Lammfleisch, Hähnchenflügel, Würste und Kalbfleisch, dazu Salat. Zum Glück wurde alles direkt am Tisch aufgefüllt und so konnte ich verhindern, dass mein Teller mit mehr als einem Stück Fleisch vollgeladen wurde…

Es gab tatsächlich noch Leute, die danach noch ein Dolce aßen. Wie viel das ganze am Ende kosten würde, daran wagte ich gar nicht zu denken… Zum Abschluss stellte uns die Bedienung noch ein Tablett mit drei verschiedenen Likören, einem Kräuterschnaps und einem Grappa auf den Tisch zur freien Bedienung.

Nach drei Stunden Essen waren wir alle ziemlich erschlagen – so machten wir uns um Mitternacht wieder auf den Weg nach Hause (und der Geldbeutel war auch nur um 20 Euro leichter geworden…).

Dienstag, 12. Juni 2007

Die letzte "Phase"

Ja, ich weiß. Eigentlich sitze ich ja hier zum Lernen. Aber heute will das einfach nicht funktionieren. Vielleicht liegt es ja daran, dass der Lernraum jetzt, wo alle Vorlesungen vorbei sind und die Prüfungszeit angebrochen ist, zum Bersten voll ist. Laut sprechen darf man hier zwar nicht, aber ein ständiges Gemurmel, immer wieder an- und abschwellend, herrscht dennoch und lässt meine Aufmerksamkeit bereitwillig von den Seiten mit kryptischen Formeln und Zeichen aufflattern, meinen Blick ruhelos durch den Raum schweifen, um sich dann mit großer Anstrengung doch wieder auf die gerade schon dreimal gelesene Formel zu heften. Aber die Geräusche sind bestimmt nicht alles, normalerweise lasse ich mich doch nicht so leicht ablenken. Vielleicht ist es eine gewisse Unsicherheit, wie ich mich am besten auf diese Prüfung vorbereiten kann, in der ich, wie mir von meinen Freunden gesagt wurde, auch die einzelnen Rechnungen können muss – mit irgend etwas muss man ja die anderthalb Stunden mündliche Befragung füllen… Vielleicht ist mein Hirn aber auch einfach nur noch erschlafft von gestern, wo ich doch tatsächlich über fünf Stunden in der Uni gelernt habe – wo ich ziemlich stolz darauf bin, denn sehr viel mehr habe ich auch in meinem Lern-Marathon vor dem Mathe-Vordiplom nicht geschafft.

Insofern habe ich also auch kein zu ausgeprägtes schlechtes Gewissen, die Arbeit heute ein wenig ruhen zu lassen und mich stattdessen um meinen verwaisten Blog zu kümmern. Der Laptop ist eigentlich nur hier, um in einer PDF zusätzlich zu meinen Aufschrieben zu lesen… Doch nachdem ich die Quantenelektrodynamik für heute endgültig aufgegeben habe, nehme ich die Möglichkeit wahr, hier sitzenbleiben zu können und das Schweifen meiner Gedanken festzuhalten und ihnen Substanz zu verleihen. Am Freitag ist meine Familie mit Karl wieder abgefahren, nach zwei wunderschönen Wochen Urlaub am Trasimener See ganz in der Nähe Perugias, die nur durch das verregnete Wetter getrübt wurden. (Ironischerweise hat es jetzt seit Freitag nicht mehr geregnet und die Sonne brennt wieder mit ihrer ganzen Kraft…)

Schon seltsam, nur wenige Kilometer von Perugia entfernt in einer vollkommen anderen Welt zu sein, mit den ganzen vertrauten Gesichtern im Urlaub und dem Gefühl, dieses italienische Leben sei nur ein Traum gewesen. Vielleicht noch seltsamer ist es, nach ihrer Abfahrt auf einmal wieder in dieses andere Leben zurückzukehren, wieder alleine und nicht zu neunt zu frühstücken, seinen Alltag wieder ganz alleine einzuteilen und zu bestimmen… Dabei ist der Alltag nicht mehr so, wie vor dem Urlaub: inzwischen haben die Vorlesungen aufgehört und ich muss mich auf die beiden Prüfungen, die ich mich entschieden habe abzulegen, vorbereiten. Und wie die Prüfungen, so naht auch das Ende meines Aufenthaltes hier: Vier Wochen sind es noch, dann kehre ich dem Süden den Rücken zu und nach Tübingen zurück. Es ist seltsam, daran zu denken. Einerseits bin ich voller Vorfreude, endlich wieder bei Karl sein zu können, ohne gleich wieder Abschied nehmen zu müssen, ich träume schon davon, über den Tübinger Markt zu schlendern und der Morgenstelle einen Besuch abzustatten. Andererseits ist es auch schade, hier wegzugehen und die neuen Freunde und eine liebgewonnene Stadt, die doch auf eine ganz eigene Art zu einer Heimat geworden ist, zu verlassen. Mit diesem Bedauern vermischt sich das dumpfe Gefühl, die Zeit hier vielleicht nicht so gut genutzt zu haben, wie ich es hätte können, die Befürchtung, Chancen verpasst zu haben – doch es ist müßig, über so etwas nachzugrübeln, denn ändern lässt sich ja sowieso nichts mehr. Und neben allem „hätte“ und „könnte“ – auch wenn manches wohl hätte anders und vielleicht auch besser laufen können – da sind so viele kleine, schöne und wertvolle Erinnerungen, die Freunde, die mir auch nachher bleiben werden (ob in Italien oder Ungarn) und ich bin einfach nur dankbar, dass ich diese Erfahrungen machen konnte! Auf jeden Fall will ich die verbleibende Zeit hier trotz des Lernens noch so gut wie möglich nutzen!

Mittwoch, 23. Mai 2007

Spello

Spello ist vielleicht eines der liebenswuerdigsten Staedtchen hier in Umbrien. Nicht weit von Assisi thront es auf einem Huegel ueber dem Tibertal, bis heute umgeben von einer schuetzenden Stadtmauer. Doch die alten roemischen Tore verwehren heute niemandem mehr den Eingang und nach dem Durchschreiten der Porta Consolare nehmen einen die vielen verwinkelten Gaesschen freundlich auf. Die alten steinernen Haeuser sind herausgeputzt und das Schoenste: alles ist voller Blumen! In allen Farben und Groessen stehen sie vor Eingaengen, saeumen Treppen, schmuecken Hauswaende. Die Gassen fuehren bergauf, bis dorthin, von wo man bei klarer Sicht bis nach Perugia sehen kann. Wir sind in Italien, und so liegen auf dem Weg dorthin eine ganze handvoll Kirchen, die so manchen Kunstschatz in ihrem inneren verbergen...

Ich bin mit der "Expertin" unterwegs: Kriszti, die leider morgen aus Perugia abreist und ihren letzten Tag aber noch fuer diesen Ausflug mit mir nutzt. Sie erklaert mir die Symbolik in den Gemaelden Pinturicchios und ich stelle fest, dass ich die schon so oft gesehenen Szenen danach mit anderen Augen anschaue. Einige Meter weiter steht neben einer weiteren Kirche ein Tor offen und neugierig, wie wir sind, trauen wir uns hinein. Der Gang fuehrt zu einem Seiteneingang der Kirche, in der bereits ein alter Moench in schwarzer Kutte, umgeben von ein paar Touristen, mit einer grossen Lampe in der Hand die duesteren Fresken aufhellt. Diesmal uebernimmt er die Erlaeuterung des Dargestellten, doch in einem schnellen Slang, den wir nur teilweise verstehen koennen...

Den naechsten Kontakt mit Einheinmischen bekommen wir in einer Gasse, wo wir den ueberwaeltigenden Duft einer weiss bluehenden Busches bewundern - ein aelterer Italiener erzaehlt uns von seinen Reiseplaenen, erst nach Paris, dann nach Spanien, denn in Paris habe er vierzig Jahre gearbeitet - da, schaut her, ich habe an meinem Auto sogar noch ein franzoesisches Nummernschild! Ja, und in Stuttgart war er auch schon oft und in Essen lebt ein Verwandter. Aber jetzt geht es nach Paris, da ist seine Tochter. Wenn ihr da runter geht, kommt ein roemisches Tor - ach, und habt ihr schon die Fresken gesehen? Na dann noch einen schoenen Tag...

Ein Eis rundet diesen schoenen Sommertag ab, und gluecklich machen wir uns auf den Heimweg nach Perugia.

Montag, 7. Mai 2007

Fiera Antiquaria

Gestern war ich schon wieder in Arezzo, um den beworbenen Antiquitätenmarkt zu besuchen, der am ersten Wochenende jeden Monats stattfindet. Laut den Prospekten der Stadt sind es 500 Stände, die über das ganze historische Zentrum verteilt sind. Arezzo ist der Markt an diesem Tag... Während in der Nähe des Bahnhofs noch gewöhnliche Flohmarktgegenstände vorherrschen, ist das Herz der Stadt bestimmt von wahren Antiquitätenansammlungen... Aber lassen wir die Bilder sprechen!









Mittwoch, 2. Mai 2007

1. Mai

Nachdem ich für heute, dem Tag der Arbeit, eigentlich überhaupt nichts geplant hatte, stand ich heute morgens in der Erwartung eines ereignislosen, ruhigen Tages auf. Das Mittagessen verbringe ich noch im Park, aber eine dunkle Wolke droht, außerdem bläst ein kalter Wind. Also verschiebe ich mein Schreibevorhaben in ein Café. Auf dem Corso Vanucci herrscht einmal wieder das pralle Leben, die vielen Tische in der Mitte unter Sonnenschirmen sind gut besetzt, die Luft ist von Akkordeonmusik erfüllt. Da kann ich nicht wiederstehen: Ich setze mich mitten in das Treiben und schreibe ein wenig an meinem Brief. Leider macht die Wolke bald ihre Drohung wahr – es beginnt zu regnen. Doch ich habe ein Schild entdeckt, dass für die in diesen Tagen stattfindende Käsepräsentation in der Rocca Paolina wirbt.

Für alle, die noch nicht in Perugia waren: Die Rocca Paolina ist die ehemalige Festung der Stadt, die jedoch einem Palast weichen musste. Erhalten blieben die ausladenden Gewölbe, durch die ein Tourist, der heute nach Perugia kommt und sein Auto auf dem Hauptparkplatz abstellt, die Stadt betritt. Rolltreppen erleichtern den Aufstieg – doch neben dem Hauptgang zur Stadt gibt es noch Nebenräume, durch Gänge miteinander verbunden.

In dieser beeindruckenden Kulisse hatten nun Landwirte aus der Umgebung ihre Kostbarkeiten auf Tischen ausgebreitet – neben dem dominierenden Käse auch noch Salami aller Art, Marmelade, Honig, Wein, Trüffel, Pasta, und Dolce.

Schon beim Betreten des Gewölbes mischt sich in den ansonsten vorherrschenden Geruch nach Rolltreppenmechanik das herbe Aroma des Pecorina, der in allen Reifestadien und mit alen erdenkbaren Zusätzen angeboten wird. Ich streife an den Ständen vorbei, bekomme hier einen Löffel Haselnuss-Honig-Creme, dort ein Stückchen Brot mit Trüffelsalami gereicht…

Schon seit einiger Zeit sind mir die Plakate für eine Ausstellung alter Fotos von Perugia ins Auge gefallen. Heute ist eine gute Gelegenheit, dort einmal hinzugehen. Der Palast, in der sie stattfindet, ist ganz in der Nöhe der Rocca Paolina. Es ist spannend zu sehen, wie sich manches verändert hat (vor allem, durch die Bebauung damals noch landwirtschaftlich genutzter Flächen – die Bilder sind aus der Zeit der Jahrhundertwende) - aber doch im Gegensatz zu so vielen deutschen Städten, viele Dinge heute noch genauso aussehen – mit Ausnahme der Kleidung der Menschen! Außerdem merke ich, dass ich mich inzwischen doch recht gut hier auskenne – ich erkenne eigentlich jeden Ort wieder.

Auf dem Heimweg mache ich Rast auf der – wie immer vollen – Treppe der Kathedrale am Hauptplatz. Vor mir ist eine Bühne aufgebaut, wo erste Tonproben gemacht werden – offenbar soll hier heute noch ein Konzert stattfinden. Ich bemerke eine Gruppe junger Leute auf der Treppe, die ziemlich international zu sein scheinen: Ein Schwarzer unterhält sich angeregt mit einer Asiatin und einer (allem Anschein nach) Deutschen. Aber die Gruppe ist noch viel größer, und es werden immer wieder Neuankömmlinge begrüßt. Ich bin mir beinahe hundertprozentig sicher, dass das Erasmus-Studenten sein müssen. Also fasse ich mir ein Herz und mache etwas für mich sehr untypisches: Ich spreche sie an. Die eine ist wirklich Deutsche, die anderen ein wildes Gemisch aus Algeriern, einer Griechin, einer Ungarin, einer Indonesierin, und noch anderen. Sie sind so, wie ich mir „typische“ Erasmus-Studenten vorstelle. Schwer, das richtig zu beschreiben, was ich damit meine. Vielleicht so: Eine für mich oberflächlich scheinende extensive Demonstration der gegenseitigen Freundschaft? Wie auch immer, die Deutsche versichert mir, dass sie später auch noch da sein werden und ich bin auf jeden Fall neugierig, was für ein Konzert es dort geben wird. Also mache ich mich nach einer kurzen Erholungspause und Abendessen daheim wieder auf den Weg. Es spielt eine Band, die leicht volkstümliche, italienische Popmusik macht, mit Gitarre, Schlagzeug, Akkordeon und Sänger. Nichts, was ich mir daheim anhören würde, aber eine Musik, die einen irgendwie animiert, herumzuhüpfen und zu tanzen – was auch eine Menge Leute vor der Bühne tun. Dort stoße ich wieder auf die mittlerweile noch größer gewordene Erasmus-Gruppe. Es wird sehr lustig, ich lasse einfach ganz los und hüpfe und tanze mit den anderen, die ich seit einer Stunde kenne herum und habe Spaß! Das ist auch wieder das schöne daran – ich gehöre einfach dazu, ohne weitere Umstände und ab und zu tausche ich mit jemandem Namen, Nationalität und Studienfach aus…

Bis mir irgendwann die Füße zu sehr weh tun und ich dann doch beschließe, dass die inzwischen gewechselte Band nicht wirklich mein Geschmack ist. Die Leute wiederzutreffen ist kein Problem: Sie meinen, dass sie so ziemlich jeden Abend auf der Treppe sind. Ich weiß nicht, inwiefern ich diese Kontakte weiter ausbauen werde, denn es scheinen schon eher Partymenschen zu sein, mit denen ich prinzipiell weniger anfangen kann. Aber für den Abend hat es sich auf jeden Fall gelohnt, und falls ich einmal einsam bin oder nicht weiß, was tun – zum Brunnen und der Treppe ist’s nicht weit…

Judit und Kriszti

Zwei Wochen ist es her, als sich mein Bekanntenkreis hier in Perugia unverhofft um zwei Nicht-Italienerinnen erweitert hat. Es gibt hier eine Organisation, die sich „eGeneration“ nennt und sich derer annimmt, die neu in der Stadt sind. Dass sie neben ihrer Internetseite auch ein Büro besitzen, in dem man sich in einen E-mail-Verteiler eintragen kann, über den dann Informationen zu Veranstaltungen verschickt werden, habe ich erst vor kurzem herausgefunden (mit tatkräftiger Unterstützung des Internet-Karle *g*).

Als ich dann dorthin ging, traf ich im Büro auf zwei andere Erasmus-Studentinnen, die gerade vom netten Italiener erklärt bekamen, wo man in Perugia die beste Pizza essen kann. Die beiden, Judit und Kriszti, kommen aus Ungarn, genauer: aus Budapest. Nach dem Bürobesuch verbrachten wir noch ein Weilchen im Park und stellten dabei fest, dass wir uns ganz gut verstehen. Wohlgemerkt unterhalten wir uns auf Italienisch miteinander! Die beiden sprechen ziemlich gut: Kriszti hat seit vier Jahren einen italienischen Freund, Judit nach ihrem Abitur ein Jahr in Neapel verbracht. Ich kann von ihnen also noch was lernen… Beide studieren Kunstgeschichte und man merkt ihnen an, dass ihre Begeisterung für Kunst über das bloße Studium hinausgeht! In Budapest machen sie auch Führungen im Museum.

Für mich ist diese neue Bekanntschaft ein ziemliches Glück, denn jetzt habe ich endlich Freunde hier, bei denen die Wellenlänge stimmt und mit denen ich auch mal öfters etwas außerhalb der Universität unternehmen kann! So bin ich am Donnerstag in den Genuß der ungarischen Küche gekommen (die NICHT, wie Karl mich gewarnt hatte, zu scharf war), wir waren beim Pizzaessen und schließlich am Freitag in Arezzo.

Ich wollte vor allem dorthin, weil ich diese Stadt noch nie gesehen aber schon mehrmals gehört habe, wie schön sie sei. Judit und Kriszti hatten noch eine größere Motivation: In der Stadt ist im Moment eine Ausstellung über Piero della Francesca, von dem sich außerdem berühmte Fresken (Die Legende vom Heiligen Kreuz) in einer Kirche befinden. Es ist schon etwas anderes, wenn man mit zwei kunsthistorisch gebildeten und vor allem begeisterten Leuten so eine Ausstellung besucht, die einem zu vielen Bildern interessante Details erzählen können, die mir alleine niemals aufgefallen wären!

Auch die Stadt Arezzo hat mir ziemlich gefallen, schöne Geschäftchen in den Gassen, ein großer Platz der mir von „Das Leben ist schön“ wage bekannt war (der Film wurde zu großen Teilen in Arezzo gedreht), ein Park mitten in der Altstadt...

Jetzt muss ich doch noch kurz etwas anmerken, denn darauf bin ich schon irgendwie stolz: Ich merke, dass ich durch Judit und Kriszti mehr italienisch spreche und so habe ich am Donnerstag zum ersten Mal auf Italienisch geträumt!!! (der Karl hat mir außerdem bestätigt, dass ich schon viel mehr mit den Händen herumfuchtele - also langsam werde ich wirklich zum Italiener...)