Donnerstag, 28. Juni 2007

Todi

Ganz überraschend hat sich für mich gestern Abend ein Ausflug nach Todi ergeben. Dazu gekommen ist es folgendermaßen: Zur Zeit ist eine amerikanische Familie hier in Perugia (die Familie eines Religionsprofessors aus Kansas, der ein halbes Jahr in Italien verbringen wird, um amerikanische Studenten zu betreuen, die für ein Semester in Florenz studieren), und Freunde aus Amerika, die diese Familie kennen, haben Freunde hier gefragt, ob diese sich ein bißchen um sie kümmern könnten.

Diese Aufgabe übernahm Alessio (der Paläontologe, mit dem Karl und ich in den Bergen wahren), wohl nicht zuletzt weil er einer der wenigen Italiener ist, die gut Englisch sprechen können. Er hat also der Familie all die schönen Flecken gezeigt, die es hier in Umbrien gibt. Gestern war dann seine Heimatstadt Todi dran – und er hat mich gefragt, ob ich nicht auch Lust hätte, mitzukommen. Letztendlich waren wir sechs Nicht-Amerikaner – Alessio, Enrico und noch drei andere Freunde, die ich inzwischen kenne.

Schon die Fahrt war ziemlich lustig. Ich musste ausführen, was „die Deutschen“ so über „die Italiener“ denken – wobei sie nach beinahe allen Vorurteilen, die ich anführte, ausriefen „Stimmt!“. Nur Enrico wollte nicht bestätigen, dass italienische Männer Muttersöhnchen sind (die anderen drei Jungs im Wagen dagegen schon!) – und untrreu, da waren sich die vier einig, seien sie auch nicht. Der Punkt, in Italien gebe es viel und gut zu essen, sollte sogar noch am gleichen Abend eindrucksvoll bestätigt werden…

So ging es bei wunderschönem Wetter durch blühende Sonnenblumenfelder in die mittelalterliche Stadt mit ihren drei Mauerringen (einem etruskischen, römischen und mittelalterlichen). Dort drehten wir eine kleine Runde durch viele Gassen, die ich beim Besuch mit der Familie noch nicht gesehen hatte, bis die Rufe nach Abendessen lauter wurden. Da hatte Alessio seine eigenen Vorstellungen und so fuhren wir bald darauf über kleine Landstraßen.

Die Abendsonne tauchte die sanft geschwungenen Hügel in warmes Licht und brachte die kleinen Ortschaften an den Hängen zum Leuchten. Ich sog die Schönheit dieser Landschaft in mich auf und mich überkam ein leicht wehmütiges Gefühl angesichts des baldigen Abschieds. Alessio rief prompt: Was willst du nur zurück in Deutschland?! Hier ist es so schön!

Da mittwochs irgendwie viele Restaurants geschlossen haben, landeten wir letztendlich in einem Agriturismo, das keiner von uns kannte. Die Köche schauten schicksalsergeben drein, als wir fragten, ob sie Platz und Abendessen für elf Leute hätten – noch mehr Arbeit!

Am Tisch ging’s ziemlich lustig zu. Ich habe es total genossen, inmitten der Freunde zu sitzen, mal in Englisch, mal auf Italienisch mitzureden. Das ist das Schöne: Ich kann inzwischen den Gesprächen folgen, und nicht nur das, ich kann auch mitreden! Am Anfang meiner Zeit hier war das noch ganz undenkbar... Es gibt einem ein schönes Gefühl – man ist nicht länger von einem Teil der Gemeinschaft ausgeschlossen. Ich stellte fest, dass ich nicht der einzige Herr-der-Ringe-Fan bin, überredete die Italiener, die „Unendliche Geschichte“ zu lesen, wir diskutierten über Filme und ich erfuhr, dass die Prioren, die im Mittelalter Perugia „regierten“, während ihrer Amtszeit den Priorenpalast für ein halbes Jahr nicht verlassen durften (und ihre Frauen und Kinder nicht im Palast wohnten)… Karte gab es keine, alle in dem Essenssaal bekamen das gleiche. Und dann fing es an und sollte so schnell nicht mehr aufhören:

Antipasti – ein Teller mit Häppchen: zwei Stüclchen Pizza, eins mit Tomate, eins mit Zucchini, Pizzabrot mit selbstgemachter Salami, eine Brotscheibe mit einer Pilzpaste, ein Stück Käsefoccacia.

Primo Piatto – Tortellini mit Trüffelsoße, sehr lecker!

Nach diesen beiden Sachen war ich eigentlich satt, was sich als schwerwiegender Nachteil herausstellen sollte, denn das Schlemmen hatte eigentlich gerade erst angefangen.

So zum zwischendurch Naschen brachte man uns drei Teller voller Salami und rohem Schinken und weiteres noch warmes Pizzabrot.

Secondo Primo Piatto – ja, das gibt’s! Eine zweite erste Speise... Nudeln mit scharfer Pepperoni-Soße.

Ich platze gleich!

Richtiges Secondo Piatto – Gegrilltes Lammfleisch, Hähnchenflügel, Würste und Kalbfleisch, dazu Salat. Zum Glück wurde alles direkt am Tisch aufgefüllt und so konnte ich verhindern, dass mein Teller mit mehr als einem Stück Fleisch vollgeladen wurde…

Es gab tatsächlich noch Leute, die danach noch ein Dolce aßen. Wie viel das ganze am Ende kosten würde, daran wagte ich gar nicht zu denken… Zum Abschluss stellte uns die Bedienung noch ein Tablett mit drei verschiedenen Likören, einem Kräuterschnaps und einem Grappa auf den Tisch zur freien Bedienung.

Nach drei Stunden Essen waren wir alle ziemlich erschlagen – so machten wir uns um Mitternacht wieder auf den Weg nach Hause (und der Geldbeutel war auch nur um 20 Euro leichter geworden…).

1 Kommentar:

scholli hat gesagt…

ohoooo, mir läuft nur beim Gedanken an das Essen das Wasser im Mund zusammen