Mittwoch, 2. Mai 2007

1. Mai

Nachdem ich für heute, dem Tag der Arbeit, eigentlich überhaupt nichts geplant hatte, stand ich heute morgens in der Erwartung eines ereignislosen, ruhigen Tages auf. Das Mittagessen verbringe ich noch im Park, aber eine dunkle Wolke droht, außerdem bläst ein kalter Wind. Also verschiebe ich mein Schreibevorhaben in ein Café. Auf dem Corso Vanucci herrscht einmal wieder das pralle Leben, die vielen Tische in der Mitte unter Sonnenschirmen sind gut besetzt, die Luft ist von Akkordeonmusik erfüllt. Da kann ich nicht wiederstehen: Ich setze mich mitten in das Treiben und schreibe ein wenig an meinem Brief. Leider macht die Wolke bald ihre Drohung wahr – es beginnt zu regnen. Doch ich habe ein Schild entdeckt, dass für die in diesen Tagen stattfindende Käsepräsentation in der Rocca Paolina wirbt.

Für alle, die noch nicht in Perugia waren: Die Rocca Paolina ist die ehemalige Festung der Stadt, die jedoch einem Palast weichen musste. Erhalten blieben die ausladenden Gewölbe, durch die ein Tourist, der heute nach Perugia kommt und sein Auto auf dem Hauptparkplatz abstellt, die Stadt betritt. Rolltreppen erleichtern den Aufstieg – doch neben dem Hauptgang zur Stadt gibt es noch Nebenräume, durch Gänge miteinander verbunden.

In dieser beeindruckenden Kulisse hatten nun Landwirte aus der Umgebung ihre Kostbarkeiten auf Tischen ausgebreitet – neben dem dominierenden Käse auch noch Salami aller Art, Marmelade, Honig, Wein, Trüffel, Pasta, und Dolce.

Schon beim Betreten des Gewölbes mischt sich in den ansonsten vorherrschenden Geruch nach Rolltreppenmechanik das herbe Aroma des Pecorina, der in allen Reifestadien und mit alen erdenkbaren Zusätzen angeboten wird. Ich streife an den Ständen vorbei, bekomme hier einen Löffel Haselnuss-Honig-Creme, dort ein Stückchen Brot mit Trüffelsalami gereicht…

Schon seit einiger Zeit sind mir die Plakate für eine Ausstellung alter Fotos von Perugia ins Auge gefallen. Heute ist eine gute Gelegenheit, dort einmal hinzugehen. Der Palast, in der sie stattfindet, ist ganz in der Nöhe der Rocca Paolina. Es ist spannend zu sehen, wie sich manches verändert hat (vor allem, durch die Bebauung damals noch landwirtschaftlich genutzter Flächen – die Bilder sind aus der Zeit der Jahrhundertwende) - aber doch im Gegensatz zu so vielen deutschen Städten, viele Dinge heute noch genauso aussehen – mit Ausnahme der Kleidung der Menschen! Außerdem merke ich, dass ich mich inzwischen doch recht gut hier auskenne – ich erkenne eigentlich jeden Ort wieder.

Auf dem Heimweg mache ich Rast auf der – wie immer vollen – Treppe der Kathedrale am Hauptplatz. Vor mir ist eine Bühne aufgebaut, wo erste Tonproben gemacht werden – offenbar soll hier heute noch ein Konzert stattfinden. Ich bemerke eine Gruppe junger Leute auf der Treppe, die ziemlich international zu sein scheinen: Ein Schwarzer unterhält sich angeregt mit einer Asiatin und einer (allem Anschein nach) Deutschen. Aber die Gruppe ist noch viel größer, und es werden immer wieder Neuankömmlinge begrüßt. Ich bin mir beinahe hundertprozentig sicher, dass das Erasmus-Studenten sein müssen. Also fasse ich mir ein Herz und mache etwas für mich sehr untypisches: Ich spreche sie an. Die eine ist wirklich Deutsche, die anderen ein wildes Gemisch aus Algeriern, einer Griechin, einer Ungarin, einer Indonesierin, und noch anderen. Sie sind so, wie ich mir „typische“ Erasmus-Studenten vorstelle. Schwer, das richtig zu beschreiben, was ich damit meine. Vielleicht so: Eine für mich oberflächlich scheinende extensive Demonstration der gegenseitigen Freundschaft? Wie auch immer, die Deutsche versichert mir, dass sie später auch noch da sein werden und ich bin auf jeden Fall neugierig, was für ein Konzert es dort geben wird. Also mache ich mich nach einer kurzen Erholungspause und Abendessen daheim wieder auf den Weg. Es spielt eine Band, die leicht volkstümliche, italienische Popmusik macht, mit Gitarre, Schlagzeug, Akkordeon und Sänger. Nichts, was ich mir daheim anhören würde, aber eine Musik, die einen irgendwie animiert, herumzuhüpfen und zu tanzen – was auch eine Menge Leute vor der Bühne tun. Dort stoße ich wieder auf die mittlerweile noch größer gewordene Erasmus-Gruppe. Es wird sehr lustig, ich lasse einfach ganz los und hüpfe und tanze mit den anderen, die ich seit einer Stunde kenne herum und habe Spaß! Das ist auch wieder das schöne daran – ich gehöre einfach dazu, ohne weitere Umstände und ab und zu tausche ich mit jemandem Namen, Nationalität und Studienfach aus…

Bis mir irgendwann die Füße zu sehr weh tun und ich dann doch beschließe, dass die inzwischen gewechselte Band nicht wirklich mein Geschmack ist. Die Leute wiederzutreffen ist kein Problem: Sie meinen, dass sie so ziemlich jeden Abend auf der Treppe sind. Ich weiß nicht, inwiefern ich diese Kontakte weiter ausbauen werde, denn es scheinen schon eher Partymenschen zu sein, mit denen ich prinzipiell weniger anfangen kann. Aber für den Abend hat es sich auf jeden Fall gelohnt, und falls ich einmal einsam bin oder nicht weiß, was tun – zum Brunnen und der Treppe ist’s nicht weit…

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

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